Wer bist Du, was war das für eine Konferenz?
Ich bin Anja Lorenz und arbeite als Instructional Designerin am Institut für Interaktive Systeme (ISy). Aktuell baue ich zusammen mit meinen Projektkolleg;innen den Digital Learning Campus (DLC) auf.
Die OER-Statuskonferenz "OER im Blick" bringt einmal im Jahr all jene zusammen, die an der Umsetzung der OER-Strategie des Bundesbildungsministeriums mitwirken – von Projektträgern über Bildungsakteur:innen bis hin zu wissenschaftlichen Expert:innen und politischen Vertreter:innen. Sie bietet den Teilnehmenden die Gelegenheit, Einblicke in die bundesweite OER-Landschaft zu bekommen, eigene Entwicklungen mit anderen Projekten abzugleichen und Zukunftsthemen rund um OER zu diskutieren.
Wie hast Du Dich bei der Veranstaltung einbringen können?
Ich war in Jena als Mitglied des OER-Beirats vor Ort. Das ist ein interdisziplinär zusammengesetzten Beratungsgremium, das das Bundesbildungsministerium zu Fragen rund um Open Educational Resources (OER) und Open Educational Practices (OEP) strategisch unterstützt. Besonders spannend war für mich zu sehen, wie unsere Empfehlungen im Beirat tatsächlich in die Arbeit des Ministeriums, die Förderpolitik und die Ausrichtung der einzelnen Projekte einfließen.
Ein zentraler Programmpunkt war das Beiratstreffen, bei dem ich als Sprecherin der Arbeitsgruppe „Open Educational Practices (OEP)“ den aktuellen Stand unserer Arbeit vorgestellt habe. Passend dazu stand auch ein Workshop zum Thema OEP auf dem Programm – ein Bereich, in dem es weiterhin viel Gesprächsbedarf gibt.:
- Was verstehen wir unter OEP?
- Was ist dem Bildungsministerium und der Community dabei besonders wichtig?
- Welche Unterstützungsangebote braucht es?
Um diese Fragen weiterzudenken, habe ich vor Ort auch mehrere Video-Statements aufgezeichnet, die beim OERcamp im September in Hannover als Input für die weitere Diskussion dienen werden.
Außerdem habe ich an einem Workshop zu OER und KI teilgenommen – ein Thema, um das wir gerade nirgends drumherum kommen, weil es großes Potenzial bietet, aber ebenso kritisch reflektiert werden muss.
Und nicht zuletzt: Der persönliche Austausch mit anderen Akteur:innen der OER-Community war für mich – wie bei jeder OER-Veranstaltung – ein echtes Highlight. In meinem Arbeitsalltag am Institut geht es oft darum, Grundlagen zu OER zu vermitteln und freie Bildungsmaterialien praktisch und strategisch zu nutzen. Auf einer Veranstaltung wie dieser treffe ich auf Menschen, mit denen man auf hohem fachlichen Niveau diskutieren kann – das ist nicht nur bereichernd, sondern auch motivierend.
Was hast Du von der Veranstaltung mitgenommen?
Das Konzept der Open Educational Practices (OEP) ist weiterhin im Fluss, aber die Konturen werden klarer. OEP scheint als Begriff entstanden zu sein, weil mit offenen Bildungsressourcen und digitalen Möglichkeiten Lernprozesse anders zu gestaltet werden können: partizipativer, flexibler, näher an den Bedürfnissen der Lernenden. Es ist spannend zu beobachten, wie sich aus dieser Haltung heraus neue, offenere Bildungspraktiken entwickeln – auch wenn wir noch weiter an einem gemeinsamen Verständnis zu OER arbeiten müssen.
Ein weiteres Thema, das viele umtreibt, ist der Umgang mit KI-Tools im Kontext von OER. Die Spannbreite der Erfahrungen ist dabei enorm: Während einige schon sehr kreativ damit arbeiten und in Plattformen integrieren, befassen sich andere mit den Veränderungen, die KI auf bestehende Lern- und Prüfungsformate hat.
Was mich besonders gefreut hat: Die Offenheit des Formats und die vielen Möglichkeiten, sich selbst einzubringen. Das Bundesbildungsministerium ermöglicht mit der Konferenz nicht nur Austausch, sondern auch echte Beteiligung. Es kommen ganz unterschiedliche Perspektiven zusammen – von OER-Veteran:innen bis zu Personen, die erst neu in das Thema einsteigen, aber wichtige gesellschaftliche Perspektiven einbringen können. Genau solche Begegnungen machen deutlich, wie anschlussfähig und relevant OER auch jenseits der „OER-Bubble“ sein kann und muss.
Nenne ein Highlight von der Veranstaltung
Ein besonderes Highlight war für mich der Veranstaltungsort: die Imaginata in Jena – ein ehemaliges Umspannwerk mit industriellem Charme, das heute als „Experimentarium“ für naturwissenschaftliche Phänomene genutzt wird. Zwischen alten Maschinen und interaktiven Exponaten über Gravitation und Wahrnehmung, über Bildungspolitik zu diskutieren, hatte definitiv seinen eigenen Reiz.
Ein wenig zum Schmunzeln war, wie oft in Gesprächen die aktuellen Umstrukturierungen im Ministerium Thema war. Der neue Name – Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMBFSFJ) – ist eine echte Zungenübung. Und auch die Ausgliederung des Forschungsbereichs in das eigenständige Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) sorgte für Gesprächsstoff. Hinter dem Schmunzeln steckt aber auch eine ernsthafte Frage: Was bedeutet das für OER, besonders im Hochschulkontext? Schon in der bisherigen OER-Strategie hatte ich den Eindruck, dass Hochschulen eher durch die Forschungsperspektive betrachtet wurden – weniger als wichtige Bildungsorte. Dabei liegt gerade in der Hochschuldidaktik großes Potenzial, OER breiter und nachhaltiger zu verankern. Ich hoffe, dass das in den zukünftigen Förderlinien nicht aus dem Blick gerät.