Ich möchte zeigen: Es geht anders!
Mit diesem klaren Satz bringt Prof. Norbert Reintjes, Leiter des Studiengangs Umweltingenieurwesen und -management an der TH Lübeck auf den Punkt, was ihn antreibt. Der Professor für Industrielle Ökologie im Fachbereich Angewandte Naturwissenschaften arbeitet mit einem interdisziplinären Team aus Wissenschaft, Start-ups und Praxispartner*innen daran, wissenschaftliche Ideen in Lösungen für eine nachhaltige, ressourcenschonende Produktion zu übersetzen – nicht irgendwann, sondern jetzt. Grundlage sind die Potenziale der Blauen Bioökonomie.
Das Ziel: eine umweltfreundliche Wirtschaft, die die Umwelt schützt und dennoch den steigenden Bedarf an biologischen Rohstoffen deckt.
Der AQUATOR – Brücke zwischen Wasser, Land und Innovation
Reintjes arbeitet mit einem Netzwerk engagierter Partner*innen am Projekt AQUATOR. Gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Innovationsraum „Bioökonomie auf Marinen Standorten“ (BaMS), ist AQUATOR heute als gemeinnützige Organisation in Schleswig-Holstein fest etabliert. Kooperationspartner sind u. a. die TH Lübeck, die CAU Kiel, die Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, das Fraunhofer IMTE und das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) – ergänzt durch zahlreiche Fachleute aus Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung.
Zukunft aus dem Meer
Algen, Muscheln, Mikroorganismen – einst wenig beachtet, heute Schlüssel für eine nachhaltigere Produktion. Die Blaue Bioökonomie setzt auf aquatische Ressourcen, um daraus Lebensmittel, Biokunststoffe, Kosmetika oder Pharmaprodukte zu gewinnen. Im Mittelpunkt steht nicht nur die Produktentwicklung, sondern auch ein Umdenken: Kreisläufe schließen, Nebenprodukte nutzen, Stoffströme intelligent verbinden.
Von der Forschung in die Praxis
Ursprünglich als Businessakzelerator gegründet, ist der AQUATOR seit 2020 eine zentrale Plattform für nachhaltige Gründungsideen in Norddeutschland. Im August 2024 wurde die AQUATOR gGmbH gegründet – getragen von den Projektbeteiligten selbst. Alle Mitglieder sind auch Gesellschafter*innen – das zeigt die große intrinsische Motivation, hier wirklich etwas zu bewegen
, betont Reintjes. Die gGmbH versteht sich als Schnittstelle für Gründung, Forschung und Technologietransfer. Sie begleitet Projekte von der Laboranalyse über den Proof of Concept bis hin zur Marktstrategie – mit dem klaren Ziel, die Produktion regional, praxisnah und nachhaltig zu gestalten.
Neue Lösungen für alte Herausforderungen
Wie ernähren wir eine wachsende Weltbevölkerung ressourcenschonend? Klar ist: Es braucht Alternativen wie Algenzucht, Aquakultur oder Insektenmehl.
Hier unterstützt der AQUATOR Forschende und Gründer*innen mit Forschungsinfrastruktur (Labore, Werkstätten, Meerwasserzugang, Klimakammern), Fachlicher Begleitung (Umweltanalysen, toxikologische Bewertungen, Lebenszyklusanalysen), Beratung zu Fördermitteln, Marktzugang und Genehmigungen, Netzwerken mit Partnern aus Wissenschaft, Verwaltung und Wirtschaft. Jede Idee wird individuell begleitet – von der Machbarkeit bis zur Markteinführung. So entstehen nicht nur neue Produkte, sondern auch Weiterbildungsformate und dauerhafte Strukturen für die Region.
Regionale Stärken nutzen
Zwischen Nord- und Ostsee liegt enormes Potenzial – sowohl in marinen Ressourcen als auch in wissenschaftlicher Kompetenz. Doch viele Ideen scheitern an fehlenden Laboren, unklaren Genehmigungen oder Finanzierungslücken. Der AQUATOR schließt diese Lücken – durch ein interdisziplinäres Team, Förderinstrumente und seine Rolle als Vermittler zwischen Wissenschaft, Start-ups, Verwaltung und Gesellschaft. Gründende brauchen nicht nur Know-how, sondern auch eine Vorstellung davon, wie ihre Idee zur Region passt – ökologisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich. Genau da setzen wir an
, erklärt Reintjes.
Blaue Wege in eine grüne Zukunft
Für Reintjes ist der AQUATOR mehr als ein Forschungsprojekt: eine Brücke zwischen Erkenntnis und Umsetzung, zwischen Idee und Wirkung. Unsere Aufgabe ist es, Studierende und Forschende zu ermutigen, ihre Ideen nicht nur zu denken, sondern zu leben.