Forschung in die Gesellschaft tragen

D.Innova soll Wissens- und Technologietransfers befördern und die Mitwirkung der Zivilgesellschaft fordern und ermöglichen

Die D.Innova soll eine Lücke im deutschen Fördersystem schließen. Foto: TH Lübeck

Die D.Innova soll eine Lücke im deutschen Fördersystem schließen. Foto: TH Lübeck

Wie bekommt man die Ideen und Ergebnisse aus der anwendungsorientierten Forschung in die Gesellschaft und in die Unternehmen? So lautet die zentrale Fragestellung des Talks „Innovationen zum Durchbruch verhelfen – Mit der Innovationsagentur D.Innova in eine nachhaltige Zukunft“, der am Freitag, dem 04. Juni 2021 online stattfand.
Mit dabei: TH Lübeck Präsidentin Dr. Muriel Kim Helbig und Prof. Hans Hennig von Grünberg, Professor für Wissens- und Technologietransfer an der Uni Potsdam, die gemeinsam mit Dr. Anna Christmann (Grüne), Sprecherin für Innovations- und Technologiepolitik der Bundestagsfraktion und Kai Gehring (Grüne), Sprecher für Forschung, Wissenschaft und Hochschulen der Bundestagsfraktion, das Konzept D.Innova geschrieben haben. Im Webtalk diskutierten sie es mit über 100 Teilnehmenden aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft.

Kulturwandel durch D.Innova?

„Forschung und Innovation haben gerade bei der Pandemiebewältigung gezeigt, wie systemrelevant sie sind“, so Gehring. Jedoch werden Ideen und Erkenntnisse nicht in ausreichender Weise in die Wirtschaft und in die Gesellschaft transferiert, erklärt von Grünberg.  Und auch Prof. Dietmar Harhoff, Direktor des Max-Planck-Instituts für Innovation und Wettbewerb und externer Kommentator des Webtalks moniert Rückgänge bei Innovationen im Mittelstand. Um diesen langjährigen Trend zu brechen, benötige es andere Strukturen.

Die D.Innova soll eine Lücke im deutschen Fördersystem schließen. Auf Dauer angelegt und losgelöst von Ministerien macht sie Forschungsergebnisse systematisch, flexibel und hochschultypenübergreifend für andere nutzbar. So sollen neben Hochschulen und Forschungseinrichtungen beispielsweise Kommunen, Unternehmen und Vereine unterstützt werden. Konkret fördert sie anwendungsorientierte Forschungsprojekte und betreibt aktives Innovationsmanagement. Start-ups werden nicht nur vor und während ihrer Gründung, sondern insbesondere auch in der Nachgründungsphase betreut. Neben diesen konkreten Vorhaben geht es um nicht weniger als einen kulturellen Wandel: Der anwendungsorientierten Forschung soll zukünftig Renommee zuteilwerden, das bislang eher grundlagenorientierten Forschungsvorhaben zukommt.

„Der langfristige Kulturwandel hin zur Anerkennung der anwendungsorientierten Forschung ist ein zentraler Erfolgsfaktor“, so Helbig. „Nur wenn uns das als Wissenschaftsgemeinschaft gelingt, lassen sich mehr Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für anwendungsorientierte Projekte begeistern.“ Forschung und Innovation solle man entgegen der derzeitig in Deutschland üblichen Strukturen zusammendenken, bestätigt auch Harhoff. Diesen Aspekt beobachten die Teilnehmenden auch bei vergleichbaren Agenturen anderer Länder. „Eine eigene nationale Agentur würde uns beispielsweise bei EU-Förderanträgen enorm helfen“, sagt Helbig. „Bei ihrer Konzeption müssen wir unsere internationale Expertise und die weltweiten Netzwerke unserer regionalen Innovationscluster nutzen. Beispielsweise die Deutschen Innovations- und Wissenschaftshäuser des DAAD bieten dafür sehr gute Anknüpfungspunkte.“

Kritikpunkte

Bei allem Lob für das Konzept blieb jedoch auch Raum für kritische Stimmen. So wurde über die Sinnhaftigkeit einer zentralen Agentur gegenüber agilen, regionalen Innovationsstrukturen diskutiert. Von Grünberg stellt klar, dass die zentrale Agentur u.a. auch regionale Cluster beflügeln solle und es beides, die zentrale Agentur und die dezentrale Struktur brauche.

Auch die Sorge, dass Regularien die D.Innova zu stark ausbremsen könnten, wurde in der Diskussion mehrfach geäußert. „Wir müssen es schaffen, Freiräume für eine agile Agentur zu schaffen“, appelliert Harhoff.

Einig waren sich die Teilnehmenden, dass die Abgrenzung zu anderen Agenturen des Bundes, wie beispielsweise der Agentur für Sprunginnovationenen (SprinD) kein Problem sei, da die D.Innova stärker „in die Fläche ginge“.

Diskutiert wurde, ob die D.Innova sich nicht zu viel zumute. „An diesem Punkt ist etwas Wahres dran“, so Christmann in ihrem Abschlussstatement. Die Punkte sollen nun in die weitere Ausarbeitung des Konzeptes integriert werden.