Kunststoff: Der Stoff aus dem die Welt ist?

Als Verpackung im Supermarkt, in Form von Mikroplastik, als echte Kunst oder als praktischer Alltagshelfer: Kunststoff kann so vieles rein und hat doch nicht immer den besten Ruf. In bewährter Gedankensprung Tradition tauschen sich über die Komplexität von Kunststoff diese Mal ein Maschinenbauer, ein Medizintechniker, ein Musiker und Maler sowie ein Künstler aus. Die Folge 30 unseres Podcasts „Gedankensprünge“.

3 Personen, in der Mitte ein Mann der lächelt und zum Mann ganz rechts an einem Tisch sitzend schaut

Prof. Ahmad Zeinolebadi (mitte) im Gespräch mit den anderen Podcastgästen. Foto: TH Lübeck

Drei Personen an einem U-förmigen Tisch sitzend, vor sich Mikrofone, sie unterhalten sich

Thorsten Buzug, Sebastian Schröder und Theresia Lichtlein im Gespräch. Foto: TH Lübeck

zwei Männer im Hintergrund, hinter einem Tisch sitzend, schauen sich an und sprechen miteinander

Ahmad Zeinolebadi und Erasmus Zipfel tauschen sich aus. Foto: TH Lübeck

Der Fokus liegt auf einem Mann, der lächelt und gerade ein Wasserglas zum Mund führt

Thorsten Buzug, sichtlich erheitert über die Gesprächsrunde. Foto: TH Lübeck

Ahmad Zeinolebadi ist Professor für Kunststoffe an der Technischen Hochschule Lübeck und weiß, wie viel die sogenannten Polymere, Molekülverbinden die als Basis von Kunststoff gelten, möglich machen können. Sie werden als leichte Bauteile in Maschinen verbaut und als Hochleistungspolymere vielseitig und besonders strapazierbar eingesetzt. Das bring natürlich auch Nachteile wie einen langsamen Abbau und schwierige Recyclingprozesse mit sich.

Wie das die majors in Chemie und Wirtschaft durch Forschung ändern könnten und was wir dabei mit unserer Klamottenwahl beitragen können, bespricht er mit Thorsten Buzug, Professor für Medizintechnik und Direktor der Fraunhofer-Einrichtung für Individualisierte und Zellbasierte Medizintechnik IMTE. Kunststoffe ermöglichen es ihm und seinem Team, Reallabore für robotergesteuerte Chirurgie nachzubauen, mit deren Hilfe Standardprozesse abgebildet werden können. So werden mithilfe von 3D Druck und Kunststoffen menschliche Organe und Haut erschaffen, was zum einen ein reales haptisches Erfahren beim Schneiden und Vernähen von Wunden erfahren lässt und zum anderen eine Reduktion von Tierversuchen mit sich bringt.

Erasmus Zipfel, Professor für Gehörbildung, Musiktheorie und Werkanalyse an der Musikhochschule Lübeck widmet sich seit 1976 auch der Malerei. Damals war es noch üblich, in Geschäften zum Beispiel Kunstharzlack zu kaufen. Mittlerweile wissen wir, dass die Lösungsmittel darin gesundheits- und umweltschädlich sind, aber beim Malen sind sie dennoch den Acrylfarben vorzuziehen, zumindest wenn es nach Erasmus Zipfel geht.

Sebastian Schröder, Medienkünstler und experimenteller Fotograf sowie Possehlpreisträger 2020 entwarf während des Corona Lockdowns ein Bild aus 400.000 Bügelperlen. Dabei ist der Kunststoff, den er sich zu eigen machte, nur Mittel zum Zweck. Abgebildet hat er auf 544 Einzelplatten die Tradition Lübecker Totentänze, verknüpft mit den Ereignissen der Corona-Pandemie. Das war sowohl taktil als auch olfaktorisch manchmal eine Grenzerfahrung. Doch es entstand ein Kunstwerk das sprichwörtlich bis in die Ewigkeit halten kann.

Unter der Moderation von Theresia Lichtlein, Kommunikationsleiterin der Technischen Hochschule Lübeck, beleuchtet der Podcast von Lübeck hoch 3 einmal monatlich Themen der Forschung, Kultur und Gesellschaft. Geladen sind jeweils Vertreter*innen der drei am Projekt beteiligten Hochschulen (Musikhochschule Lübeck, Technische Hochschule Lübeck und Universität zu Lübeck) und je nach Thema ein*e Expert*in als Gast.

Der Podcast steht über die Website www.gedankenspruenge-podcast.de und alle gängigen Plattformen zum Abruf bereit. Die Folgen gehen jeweils mittwochs zur Monatsmitte um 12 Uhr online. Wissenstransfer, wechselseitiger Dialog und neue Ideen – dafür steht Lübeck hoch 3. Den eigenen Podcast sehen die Initiatorinnen und Vertreter der drei Hochschulen als wichtigen Baustein, um den Diskurs mit der Gesellschaft über Wissenschaft und Kultur anzuregen.

Die Diskussionsrunde in Folge 30:

Prof. Dr. rer. nat. Ahmad Zeinolebadi ist studierter Polymeringenieur. Nach seinem Bachelor- und Masterabschluss an der Amirkabir University of Technology im Iran, wechselte er an die Universität Hamburg, um dort seine Promotion anzuschließen. In seiner Arbeit beschäftigt er sich mit dem Aufbau und den Eigenschaften von Kunst- und Verbundwerkstoffen und entwickelt innovative Methoden für das Kunststoffrecycling. Seit dem Sommersemester 2023 lehrt er am Fachbereich Maschinenbau und Wirtschaft der TH Lübeck als Professor für Kunststoffe.

Prof. Dr. rer. nat.  Thorsten Buzug ist Direktor des Instituts für Medizintechnik der Universität zu Lübeck und geschäftsführender Direktor des Fraunhofer IMTE. Kunststoffe spielen in seiner Forschung eine bedeutende Rolle, da sie in unterschiedlichsten Materialien und Formen in medizinischen Geräten zum Einsatz kommen. Ganz besonders stehen druckbare Kunststoffe im Mittelpunkt seines Interesses. Mit ihnen lassen sich additiv gefertigte Hilfsmittel individualisiert auf Patientinnen und Patienten anpassen. Prof. Buzug ist Mitglied der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech) und der Deutschen Gesellschaft für Biomedizinische Technik (DGBMT) im VDE.

Prof. Erasmus Zipfel unterrichtet an der Musikhochschule Gehörbildung, Musiktheorie und Werkanalyse. Er studierte Komposition und Musiktheorie bei Roland Ploeger in Lübeck. 1978 erhielt er einen Lehrauftrag für Musiktheorie an der Musikhochschule Lübeck, seit 2009 hat er eine Honorarprofessur inne. 1976 widmet er sich der Malerei, seit 1994 arbeitet er mit Computermusik. Ausstellungen und Kompositionen

Sebastian Schröder, 1981 bei Leipzig geboren, erlernte zunächst den Beruf des Schilder- und Lichtreklameherstellers. Nach dem Studium der Museologie konnte er sich einen Studienplatz an einer der gefragtesten Kunsthochschulen Deutschlands sichern: der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig, welche schon Talente wie Neo Rauch und Arno Rink hervorgebracht hat. Dort studierte Schröder Medienkunst und künstlerische Fotografie in den Klassen "Intermedia" bei Prof. Alba D´Urbano und "Künstlerische Fotografie und Bewegtbild" bei Prof. Tina Bara. Mit der Abschlussarbeit VISUM BESTIARUM erhielt er 2011 das Diplom mit Auszeichnung in Bildender Kunst. Seit 2012 lebt und arbeitet Sebastian Schröder in der Hansestadt Lübeck, in der er 2015 der Gemeinschaft Lübecker Künstler beitrat und 2020 den Possehl-Preis für Lübecker Kunst erhielt.

Die Moderatorin Theresia Lichtlein ist seit 2016 Kommunikationsleiterin der Technischen Hochschule Lübeck. Neben dem Podcast „Gedankensprünge“ moderiert sie on- und offline Veranstaltungen, Workshops und Panels rund um Wissenschaft, Wirtschaft und akademisches Leben. „Der Podcast GEDANKENSPRÜNGE zeigt wie kaum ein anderes Format, welche unterschiedlichen Assoziationen ein Schlagwort bei verschiedenen Menschen auslösen kann“, erläutert sie. „Ich finde es unheimlich faszinierend, wenn diese Blickwinkel aufeinandertreffen und sich unser aller Weltbild erweitert. Unsere Gäste ebenso wie unsere Zuhörer*innen können durch die Sichtweisen der anderen profitieren und Inspiration schöpfen.“